Wann ist ein Mann ein Mann?

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Das fragt nicht nur Herbert Grönemeyer und versucht Antworten in seinem Lied „Männer“. Das haben auch andere vor ihm getan. So die Gebrüder Grimm. Zum Mann werden und ein Mann sein, das ist das Thema ihres Märchens „Der Eisenhans“, das wir uns für unsere Spielsaison 2008 ausgewählt hatten.
Das „Männermärchen“ brachten wir als moderne Erzählung für Erwachsene mit dem Titel „Der Eisenhans oder der w/milde Mann“ auf die Bühne. Die Idee dazu stammte von unserer Regisseurin Barbara Hofmann und sie schrieb die Texte.

Den Grimm’schen Stoff setzten wir in einer Art Revue in Szene. Da musste der König als gestresster Bauunternehmer penetrante „Papparazzi“ abwehren, nervige Tanten tanzten Tango, und es bahnten sich innige Romanzen an.
Im Mittelpunkt aber stand natürlich der verhätschelte Prinz, der in die Niederungen des Lebens stieg und sich schließlich mit Hilfe seines Mentors „Eisenhans“ an die gewaltige Aufgabe wagte, die Menschheit zu retten. Den Besucherinnen und Besuchern erwartete ein Spiel, bei dem das Bild vom Manne im neuen oder aber vielleicht ganz im alten Licht erschien. Doch letztendlich blieb jeder und jedem, selbst zu urteilen!

Märchen weisen den Weg
Märchen haben schon immer zur Unterhaltung gedient und sie tun es heute. Aber sie können noch mehr, diese wunderbaren Geschichten, die sich oft so gar nicht scheren um Logik und „Machbarkeit“: In ihnen sind viele weise Gedanken verborgen, wir stoßen auf Urängste und Sehnsüchte, auf Wünsche und Lebensregeln. Märchen weisen Wege, die für Menschen hilfreich sein können.
Der „Eisenhans“ ist kein Lieblingsmärchen, keine Geschichte für Walt Disney oder dergleichen. Es ist eine etwas „sperrige“ Erzählung über einen Prinzen, der sich vom „Rockzipfel“ der Mutter löst, der sich auf Prüfungen und Widrigkeiten des Lebens einlässt, der den Mut hat, einzugreifen, wenn es an der Zeit ist und der sich für das einsetzt, was man erreichen will. Und dem es auf diese Weise gelingt, den „Eisenhans“ zu erlösen. Hier wird beleuchtet, wie aus einem kleinen, verwöhnten Prinzen ein beziehungsfähiger Mann wird.

Und wie nun so etwas auf die Bühne stellen?
Indem die Geschichte im Hier und Heute spielt, die Charaktere der „Gegenspieler“ des Prinzen karikierend überzeichnet werden – und indem die Probleme verlagert werden. Zwar haben wir schon vor ein paar Jahrzehnten geglaubt, Krieg auf europäischem Boden sei ein für alle Mal undenkbar und wurden schmerzhaft eines besseren belehrt. Dennoch scheint heute eine Kriegshandlung, aus der ein junger Mann als heldenhafter Sieger hervorgeht, indem er den Feind vernichtet, nicht unbedingt zeitgemäß. Die „Heldentat“ also muss einen anderen Charakter erhalten – so ist der Prinz kein Schlacht-Haudegen, sondern ein Mensch, der die in Gefahr befindlichen Werte der Gesellschaft vor dem Untergang bewahrt. Er rettet das Buch der Weisheit, bekämpft das, was die Wurzel der Welteneiche verunreinigt, was letztlich ihre Zerstörung zur Folge gehabt hätte.

Bei dieser Geschichte sollten klassische Märchenmotive erhalten bleiben, wie z. B. das dreimalige Wiederkehren wichtiger Ereignisse, die sich fast Mantra artig wiederholen, denen aber dennoch eine innere Entwicklung innewohnt. Und es gibt die klassischen Beteiligten: das Königspaar, Prinz und Prinzessin, Koch und Gärtner und einen verwunschenen König. Zudem lässt die Bühne noch Platz für das Mythische, und dann passt dazu auch eine Prise „Show“: ein bisschen Phantasie, ein paar „unlogische“ Elemente, wie zum Beispiel das Pantomimenspiel alltäglicher Geschehnisse, und schon steht er da, der neue alte Eisenhans – als wilder, milder Mann eben.
Und schon? Ein hartes Stück Arbeit war es, ihn so hinzustellen. Wir fanden, dass er aber schließlich zur Erbauung unserer Theatergäste dastand – mit einem Augenzwinkern und ein bisschen Ironie...

Barbara Hofmann